2022
Das Jahr 2022, endlich nach der Pandemie wieder etwas Freiheit genießen und ab gings in Allgäu zu meinem Dad. Meine Gesundheit ließ zwar einiges zu wünschen übrig, aber ich fuhr trotzdem. 650 km mit Übernachtung in Thüringen auf einem Campingplatz. Und direkt auf diesem Campingplatz erwartete mich das 1. Abenteuer.
Nach 350 km von Berlin aus steuerte ich das Ferienland 2, in der Nähe von Schleiz an. Dort hatte ich zuvor schon reserviert. Im Internet sah der Campingplatz super aus und für eine Übernachtung war mir alles lieb, zumal ich am nächsten Morgen direkt weiter fahren wollte, um zu meinem Dad ins Allgäu zu kommen.
Mitten in der Thüringer Pampa fand ich nach 1,5 Stunden suchen dann auch den Campingplatz, naja eigentlich hatte ich ihn schon früher gefunden, aber, weil da keine Camper waren, sondern nur eine sehr sehr große Wiese, ich sag mal 2 Fußballfelder groß, identifizierte ich es nicht als Campingplatz und suchte geschlagene 1,5 Stunden nach einem Campingplatz MIT Camper, den ich ja eigentlich schon gefunden hatte, nur halt ohne Camper. Vielleicht sollte ich erwähnen, das meine damalige Fahrt Mitte August stattfand, also mitten in den Hochsaison für Camper, weshalb ich wohl auch nach einem Campingplatz mit Camper suchte und es nicht für möglich gehalten hatte, das zu dieser Jahreszeit keine Camper auf einem sehr sehr großen Campingplatz, seien.
Lange Rede, kurzer Sinn, ich fand also den Campingplatz Ferienland 2 und durfte mir, welch Überraschung, einen geeigneten Platz aussuchen. Ich platzierte mich nahe den angeblichen Sanitäranlagen. Inzwischen begann es zu dämmern und sehr schnell brach die Dunkelheit herein und heraus sprang Chewie, also aus dem Auto und verschwand in der Dunkelheit. Boris schaute ihm noch nach und ich versuchte ihn durch Rufen dazu zu bewegen, zurück zu kommen. Chewie jedoch erkundete das gesamte Gelände. Von Zeit zu Zeit hörte ich in der Dunkelheit mal ein Rascheln. Ob es nun Chewie war, oder, wie ich vermutete „wilde Tiere“ vermag ich heute nicht mehr zu sagen. Eines jedoch musste ich nicht befürchten, nämlich das er anderen Camper auf den Nerv ging, denn ich war ja alleine auf der sehr sehr großen Wiese.
Später erkundete ich noch die Sanitäranlagen und entschloss mich doch lieber mein CampingKlo zu nutzen, da ich die Lichtschalten in dem Gebäude nicht fand.


Irgendwann hatte sich dann auch Chewie ausgetobt und stand außer Atem vor mir und ich konnte Boris Gedanken förmlich lesen in der Dunkelheit: „Schade auch, dass er den Weg zurück zu uns gefunden hat! Lass ihn mich töten, dann haben wir ein Problem weniger!“ Nun, was soll ich sagen, es kam zu keinem Mord im Thüringer (Ur-)wald, dafür aber zu einer Verhaftung. Chewie musste die Nacht alleine im Auto verbringen, während Boris und ich uns unser Lager neben dem Auto aufgeschlagen hatten und bis morgens um 8 Uhr friedlich schliefen, während Chewie anhaltendend jammernd in seiner Einzelhaft verbrachte.

Am nächsten Morgen war ich dann doch etwas erstaunt, wie groß die doch sehr sehr große Wiese tatsächlich war und ich war erfreut über meine Entscheidung mein eigenes Klo zu benutzen, weil bei Tageslicht war die sehr sehr große Wiese zwar größer als gedacht, die Sanitäranlagen entpuppten sich dann doch als…naja sagen wir mal als Notdurfts-Anlage, also eine Anlage, die man nur benutzen sollte, wenn die Not so große ist, etwa wie die sehr sehr große Wiese, und weit und breit nicht mal ein Busch in der nähe ist, den man NOTfalls benutzen kann.
Wie auch immer, Chewie wurde an diesem Morgen an der Leine geführt und wurde dann wieder in Einzelhaft verbannt, Boris wollte ihn immer noch beseitigen oder notfalls frei lassen und dann wegfahren und dann so tun, als hätten wir nicht gemerkt, dass er nicht ihm Auto ist, um dann zu überlegen, ob eine Rückfahrt zu dieser sehr sehr großen Wiese überhaupt sinnvoll wäre, um ihn einzusammeln, wegen dem CO2-Fußabdruck…smile. Boris hatte manchmal wirklich tolle Ideen, aber sie scheiterten dann doch immer an meinem, manchmal sogar an seinem moralischen Grundsätzen!
Aber dann kam das Highlight; das Frühstück! Ich saß völlig alleine in einem sehr großen Frühstückraum und mein Tisch, der einzig gedeckte Tisch, war liebevoll hergerichtet. Auf Platten waren Wurst und Käse, ja sogar Fisch liebevoll tapiert, es gab Rühr- und gekochte Eier in einem Körbchen. 4 verschiedene Marmeladen und Nutella original, eine volle Kanne mit Orangensaft, wahlweise Kaffee oder Tee und 6 verschiedene Schrippen und 4 Sorten Brot. Dazu ein Obstkorb und reichlich Tüten, um sich einen Proviant für unterwegs einzupacken und das alle für sagen hafte 6,50 €. Mein Standplatz kostete, abzüglich Einsamkeits-Rabatt, weil ich ja alleine auf der sehr sehr großen Wiese war, 12,50 €.
Als ich wenig später wieder auf der Autobahn war, war ich dann doch etwas erleichtert, weil die Abgeschiedenheit dieses Campingplatzes und die Tatsache, dass ich über den gesamten Aufenthalt kein Netz hatte, also nicht nur kein Internet, nein so überhaupt kein Netz, hatte mich dann doch zeitweise etwas nervös gemacht und mir wurde schlagartig klar, wie abhängig wir doch von dieser hier in Deutschland nicht funktionierenden Digitalisierung waren.
Bereits nach einer Stunde Autofahrt ermüdete ich schon wieder. Irgendwie kündigte sich die spätere Katastrophe bereits auf der Hinfahrt an. Ich hielt also an einem Parkplatz, stellt meinen Wagen in den Schatten eines Baumes, kurbelte meinen Sitz runter und kuschelte mich in meine Wolldecken. Kaum 5 Minuten später raste mit einem ungeheuren Krach ein ICE am Parkplatz vorbei. Ich schreckte doch und selbst Boris, der eigentlich immer gechillt war, sah entsetzt aus dem Fenster. Naja, dachte ich und kuschelte mich wieder ein, als ein weiterer Zug an uns vorbeischoss. Die Zügen kamen im 7-Minuten-Takt! Ich kurbelt den Fahrersitz wieder hoch und fuhr los. 70 km weiter steuerte ich den nächsten Parkplatz an. Sitz runter, Decker über mich; kaum hatte ich eine Schlafstellung gefunden klingelte mein Telefon. Ich schaute hoch, mein Telefon hing an der Lüftung, und das Bild meiner Tochter war erschienen. Ich nahm den Anruf an und hörte meine Jüngste: “ Du, Mama, ich bin auf dem Weg zu Dir. Ich brauch dringen eine Stromkabelverlängerung, am besten mit vielen Löchern, wo am die Stecker reinstecken kann.“ „Marilyn ich bin nicht Zuhause, sagte ich“ , „Aber Mama ich brauch das Ding schrecklich schnell!“ , “ Marilyn ich bin nicht in Berlin!“ „Ok dann komm ich später, weil ich brauch es dringend!“ Marilyn, ich bin nicht in Berlin und komme auch heute nicht zurück“, „Kannst du nicht schnell kommen und dann wieder zurück fahren?“ , „Heiland Sack, Marilyn ich bin in Bayern. Kauf dir eine Mehrfachsteckdose und lass mich in Ruhe“ Dann beendete ich das Gespräch, kuschelte mich wieder ein, es wurde ruhig im Auto und draußen fuhr auch kein ICE vorbei…kaum hatte ich die Augen geschlossen, klingelte mein Telefon erneut; ohne zu schauen, wer anrief, nahm ich mein Handy, drücke auf die grüne Taste und schrie:“ Verdammte Hacke, Marilyn, werd endlich erwachsen und kauf dir das verfickte Kabel in einem Baummarkt oder bei Tedi und lass mich endlich in Ruhe!“ , „Guten Tag Frau Becker, hier ist Hieke, es tut mir leid, wenn ich sie störe und nicht ihre Tochter bin, ich wollte Ihnen nur bestätigen, dass die DRV die Bestätigung über ihre Erwerbsunfähigkeit geschickt hat und jetzt alles seinen Gang nimmt!“
Sehr kleinlaut bedankte ich mich bei Frau Hieke und war mit einem Schlag hellwach und so gar nicht mehr müde!
75 km weiter überkam mich erneut die Müdigkeit und wieder steuerte ich einen Parkplatz an. Übliches Prozedere; Sitz runter, Decke auf mich….und ….das Handy klingelte. Diesmal schaute ich genau hin, wer anrief. Es war mein Dad. „Na wo bist du schon“, hörte ich seine rauchige Stimme, „hab keine Ahnung“, sagte ich, „warte ich schau nach. „Maps sagt ich bin 30 km vor Kaufbeuren!“ , „Na dann schaffst du die paar Kilometer auch noch. Ich mach schon mal einen Kaffee für dich fertig, damit er kalt werden kann. Dann legte er auf!
Während ich den Fahrersitz wieder hochdrehte, sah ich verdutzt durch die Windschutzscheibe meines Wagens. Im Nacken spürte ich den warmen Atem von Boris und als mein Kopf wieder begann zu arbeiten, rechnete ich mal nach 100 + 70 (ICE Parkplatz) +75 (Anruf Marilyn) +70 km waren ja auch schon mal 315 km
Ich hatte es fast geschafft, dank ICE und Anrufe, in einem Rutsch bis zu meinem Dad zu fahren. Als ich 30 Minuten später vor seine Garage fuhr, stand mein Dad da, mit einer Kaffeetasse in der Hand und breit grinsend und ich fühlte mich so unendlich willkommen!

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